Redakteur28 September2022

STELLUNGNAHME des VfL Viktoria Jüchen-Garzweiler 1908/1909 e.V.

Sehr geehrter Herr Zillikens,

Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 27.9.2022 an die Sportvereine der Stadt Jüchen.

Als Vereinsmitglieder, Eltern, Trainer und Trainerinnen, Vorstandsmitglieder und auch als Wähler/innen in Stadt Jüchen haben wir Ihr Schreiben zur kurzfristigen vollständigen Sperrung der Sportanlagen und Sporthallen mit blankem Entsetzen zur Kenntnis genommen.

In 40 Jahren Vereinsleben haben wir ein derartig gleichgültiges Vorgehen eines Bürgermeisters noch nicht erlebt. Ebenfalls haben wir aber auch noch nie ein derartig flächendeckendes Entsetzen über die Vorgehensweise eines Bürgermeisters erlebt. 

Im Sinne eines konstruktiven Beitrags haben wir uns entschieden, Ihnen diese Stellungnahme zu schreiben und aufzuzeigen, was diese heftige Reaktion begründet:

1.    Ein Schlag ins Gesicht für das Ehrenamt in Jüchen
Die Vereine und Schulen haben durch Corona schwere Zeiten durchlebt. Dennoch sind es gerade die Vereine und Schulen, die auch in der jetzigen Ukrainekrise durch viel persönliches Engagement von Lehrern, Trainern, Eltern und besonders Kindern die Integration von Flüchtlingskindern und deren Familien mit Leben füllen und so über den Sommer nach Corona ein Stück Normalität für uns alle wiederhergestellt haben. 

Spätestens seit Corona ist es in vielen Vereinen längst Alltag, dass Jugendmannschaften bereits umgezogen zum Training und Spiel erscheinen und (oft schwer zu akzeptierende) Wege gefunden haben, weitgehend ohne Nutzung von Umkleiden, Duschen und Innenräume auszukommen, zumal die vorhandene technische Ausstattung vieler Sporteinrichtungen energetisch aus dem letzten Jahrhundert stammt und regelmäßig Probleme macht.

Uns ist daher vollkommen unklar, welche Einsparungspotentiale sie dazu bewegen, beispielsweise die 130 Leichtathletikkinder des VfL Viktoria Jüchen tagsüber nicht mehr auf die Anlage zu lassen, ebenso die frühen Trainingseinheiten der jungen Mannschaften, die ebenfalls noch ohne Flutlicht trainieren?

Gerade in den Ferien sind berufstätige Eltern darauf angewiesen, die Angebote der Vereine nutzen zu können. Für die kommenden Ferien sind viele Kinder tagsüber zu den geplanten Fussball- und Sportcamps der Vereine, beispielsweise in Gierath und Otzenrath, angemeldet. Diese finden tagsüber im Freien und ohne Flutlicht statt. Der Aufwand zur Vorbereitung seitens der Vereine, Trainer und Eltern ist groß und es ist unerklärlich, wie man diese so verantwortungslos und unabgestimmt wenige Tage vorher vom Tisch wischen kann. Was soll denn hier gespart werden?

In der 2-fach Turnhalle in Jüchen sind es durch technische Probleme schon seit Tagen gefühlt 50 Grad Celsius und im Schloss Dyck fanden große Lichtfestspiele statt. Und nun wird auf dem Rücken der Kinder und Familien wird blinder Aktionismus zur Energiekrise dokumentiert?

Selten haben wir so wenig Fingerspitzengefühl erlebt und würden uns gerade in diesen schwierigen Zeiten besonnenes und überlegtes Vorgehen unserer gewählten Vertreter wünschen. Genau diese politischen Blindflüge und Schnellschüsse zerstören Wählervertrauen und treiben die Menschen in fremde politische Lager. Übernehmen Sie Verantwortung und überdenken Sie diese Maßnahme!

2.    Sabotage des Leistungssports
In allen Vereinen der Stadt wird großer Wert auf gute Jugendarbeit gelegt. Ein wesentlicher Ansporn für die Jugend, Aushängeschild der Vereine im Kreis, sowie das Rückgrat vieler Vereine sind jedoch die Seniorenabteilungen.

Die 1. Mannschaft des VfL Viktoria Jüchen ist seit vielen Jahren eine der sportlich führenden Mannschaften im gesamten Kreis und wird auch seitens des Kreises sowie des Fußballverbands Niederrhein als Spitzenmannschaft und Aushängeschild gesehen. 

Eine (auch nur für zwei Wochen dauernde) Sperrung der Anlagen für den Trainings- und (den auch in den Ferien) fortlaufenden Meisterschaftsbetrieb, stellt für die Seniorenmannschaften ein großes Problem und eine dramatische Wettbewerbsverzerrung dar, da vergleichbare Maßnahmen in keiner der Nachbarkommunen bekannt sind. 

Nur ein Beispiel: Für die aktuell auf Tabellenplatz 1 befindliche 1. Mannschaft des VfL Viktoria Jüchen-Garzweiler könnte diese Sperrung den Verlust der realistischen Chance auf die Meisterschaft und den Aufstieg in die Landesliga bedeuten. Ein Ziel auf das mit viel Aufwand und Engagement seit Jahren hingearbeitet wurde.

Ein vierstündiger Flutlichtbetrieb an den Wochentagen von 17-21 Uhr ermöglicht einen nahezu vollständigen Trainingsbetrieb für alle Jugend- und Seniorenmannschaften. Sicherlich ist es in Zeiten möglich, auch nur Teile der Flutlichtanlage zu nutzen. An den Wochenenden ist der Spielbetrieb zudem weitgehend ohne Flutlichtnutzung durch entsprechende Anstoßzeiten möglich. 

Ein weiteres Beispiel: Ausweislich verbraucht die Flutlichtanlage auf dem Rasenplatz des VfL ca. 7 KW Strom pro Stunde. Die Einsparung während der Ferien würde sich also auf dem Rasenplatz des VfL bei einer werktäglichen Nutzung (20 Tage/Monat) von 4 Stunden im Vollbetrieb (alle Lampen) bei 0,30 EUR/KWh auf rd. 84 EUR belaufen. Da die Jugendmannschaften in den Ferien teilweise ohne Flutlicht trainieren können würde sich die Ersparnis ggf. sogar halbieren. 

Wollen Sie wirklich für eine Einsparung von vielleicht 50 Euro den Vereinen und Mitgliedern eine solch unbillige Härte auferlegen? Sie machen doch weit mehr kaputt, als hier an Wirkung erzielt wird. Diskutieren Sie mit den Vereinen über Maßnahmen, mögliche Beiträge, etc. aber werfen Sie dem Leistungs- und Breitensport bitte nicht derart kurzsichtig Knüppel zwischen die Beine.

3.    Unabgestimmter Alleingang
Ihr Handeln sorgt in kürzester Zeit auch in umliegenden Kommunen, die mit unseren Vereinen in gemeinsamen Wettkampfbetrieb spielen für großes Erstaunen. Vergleichbare Maßnahmen sind in umliegenden Kommunen und Kreisen bislang beispiellos, die Sportverbände in Stadt- und Kreis beklagen ein unabgestimmtes Handeln. Wie kann so etwas, ohne Anhörung der Vereine oder ohne konzertierte Abstimmung von Kommunen/Kreis/Land erfolgen? Aus den Fraktionen ist ebenfalls Erstaunen zu vernehmen, da auch hier Skepsis hinsichtlich der politischen und wirtschaftlichen Ausgewogenheit Ihres Vorgehens besteht.

Sie haben als gewählter Vertreter Verantwortung für das Vertrauen, das in Sie gesetzt wird und es enttäuscht, mit welcher handwerklichen Ungeschicktheit hier ohne Not Vertrauen leichtfahrig verspielt wird.  Es sind genau diese politischen Blindflüge und Schnellschüsse, die Menschen dazu bewegen, der etablierten Politik den Rücken zuzukehren und Wahlergebnisse wie jüngst in Italien überhaupt möglich machen. Bitte überdenken Sie Ihre Entscheidung, gerade die Vereine mit derart unbilliger Härte zu belegen. Die wirtschaftlichen Einsparungen können die entstehenden Schäden niemals rechtfertigen.

Lassen Sie uns über die Vereine und Sportverbänden, gerne auch in gesonderter Sitzung über Einsparziele, konkrete Maßnahmen für den Winter und gerne auch perspektivisch über energetische Modernisierungsmöglichkeiten der Sportstätten auf Sicht sprechen, unsere Bereitschaft ist klar da. Aber nicht wie im römischen Kaiserreich per Dekret einfach den Daumen über das Volk nach unten richten. Selbst unter den außergewöhnlichen Bedingungen der Pandemie ist es doch gelungen, Beschlüsse und Maßnahmen auf Bundes- und Landesebene konzertiert zu fassen und DANACH lokal angemessen umzusetzen.
 
Der Vorstand